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BCKategorie 21.09.2015 09:27:53 Uhr

dpa bei Schraubes


 

 Halberstadt (dpa/sa) - In der Mitte des großen Salons steht eine festlich gedeckte Tafel, an den Wänden hängen Bilder und ein Familienwappen. Der hohe Raum wirkt dunkel und erdrückend. Die schweren Eichenmöbel verströmen einen eigenartigen Duft, die Vorhänge hängen schwer herab und die Holzdielen knarren geheimnisvoll. Im Museum für bürgerliche Wohnkultur in Halberstadt scheint die Zeit vor mehr als 100 Jahren stehengeblieben zu sein. Im Schraube Museum werden seit 1985 original erhaltene Möbelstücke ausgestellt, die eine authentische Wohnwelt aus der Zeit um 1900 zeigen. Salon, Wohnstube, Küche und Schlafzimmer stammen aus dem Nachlass der 1980 verstorbenen
Margarete Schraube, die dem Museum ihren Namen gab. Deutschlandweit
gibt es nach Angaben des Museums nur fünf Einrichtungen dieser Art.

Der Salon, Prunkstück des Museums, versprüht einen unvergleichlichen Charme. Vor dem mehr als 600 Kilo schwere Gussofen neigt sich der Boden, die Decken sind liebevoll bemalt. «Die Familie Schraube galt als sehr wohlhabend», sagt Manfred Lazar,  Kulturbeauftragter der Stadt und Organisator im Freundeskreis des Museums. «Margarete Schraube vererbte den gesamten Familiennachlass der Stadt. Die Auflage war, das Erbe kulturell zu nutzen.» Nach ihrem Tod am 31. Mai 1980 wurde ihre Wohnung in einem alten Bürgerhaus in der Halberstädter Altstadt für museale Zwecke umgestaltet. Dort betrieb die Familie Schraube eine Färberei und ein Wäschegeschäft.

«Zwei Jahre haben wir die Gebäudesubstanz saniert und umgebaut», erklärt Lazar. Am 20. Mai wurde das Museum nach der Investition von mehr als 150 000 Euro wiedereröffnet. Einen Großteil der Kosten, die von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz getragen wurden, entfielen auf die Restaurierung des vom Schwamm befallenen Salons. «Wir mussten die Fenster erneuern und die mehr als 120 Jahre alte goldenen Tapete aufwendig nacharbeiten», sagt Lazar. «Einzelne Bahnen wurden in Frankreich auf historischen Maschinen nachgedruckt.» Den Unterschied zwischen der alten und neuen Tapete erkennen die Besucher kaum. «Ein eindeutiges Zeichen, dass dieser Teil der Restauration gelungen ist.»


In der blau getünchten Küche blicken viele Kinderaugen auf einen prächtigen, mehr als 100 Jahre alten Ofen. «Wisst ihr denn, wie so ein Ofen angezündet wird», fragt Uta John in die Runde. Marie und ihre zehn Freundinnen schütteln die Köpfe. John ist Mitarbeiterin im Städtischen Museum und unter anderem für Museumspädagogik zuständig.
«Wir nehmen kleine Hölzer und wenn das Feuer brennt, legen wir Kohlen auf», erklärt John. Marie und ihre Freundinnen wollen im Schraube Museum nicht nur Kindergeburtstag feiern und Plätzchen backen, sondern auch etwas lernen. Die original erhaltenen Küchenutensilien und deren Handhabung sind Teil des Lernprogramms. «Wir sind auch ein Museum zum Anfassen», sagt John. «Vor allem Kinder bekommen so einen leichteren Zugang zu den alten Ausstellungsstücken.»

Im Schraube Museum wurden seit der Wiedereröffnung im Mai bislang mehr als 1200 Besucher begrüßt. Es ist eine Außenstelle des Städtischen Museums und das Kleinste in Halberstadt. Mitglieder des Freundeskreises kümmern sich ehrenamtlich um das Museum, organisieren Führungen und sichern so den Erhalt der beschaulichen Einrichtung.


 


 

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