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BCKategorie 21.09.2015 09:27:53 Uhr | städtisches Museum

Das Zeitalter der Industrialisierung in Halberstadt. Von Eisenbahnen und Dampfmaschinen und mehr...

[(c): Städtisches Museum Halberstadt]
[(c): Städtisches Museum Halberstadt]

Noch um 1840 prägten insbesondere die Handwerker das städtische Leben. Zeitgleich begann, anfänglich mit dem Bau mehrerer Zuckerfabriken, die frühe Industrialisierung der Stadt.

Nur acht Jahre nach Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahnlinie besaß auch Halberstadt den Eisenbahnanschluss. Die erste Bahnstrecke wurde im Juli 1843 zwischen Halberstadt und Magdeburg eröffnet. Der erste Bahnhof befand sich in der Schützenstraße. Schon im Jahre 1860 erwies sich dieser Bahnhof als zu klein, so erfolgte im August 1868 die Einweihung eines neuen Bahnhofs an heutiger Stelle. Gleichzeitig erfolgte der Bau einer eigenen Eisenbahnwerkstatt, den in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts verstaatlichten "Königlich Preußischen Hauptwerkstätten".

Besonders in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden eine große Anzahl neuer Industriebetriebe, die hauptsächlich landwirtschaftliche Güter des Umlandes verarbeiteten oder für das Umland notwendige Materialien lieferten.

Allein auf dem Gebiet der Nahrungs - und Genussmittelproduktion gab es 1847 40 Betriebe. Neben zahlreichen Zigarrenfabriken, die in den 40er Jahren aus Bremen nach Halberstadt verlegt wurden, existierten 1837 in Halberstadt drei Zuckerfabriken. Auch weiterverarbeitende Industriezweige, wie zum Beispiel Schokoladefabriken, fehlten in dieser Zeit in Halberstadt nicht. Von noch nachhaltiger Wirkung dieser Leckereien sind die Erzeugnisse, deren Rohstoffe zum Teil aus der Viehzucht des Umlandes gewonnen wurden - die Halberstädter Würstchen. Sie haben keinen geringen Teil dazu beigetragen, dass der Name ihres Herkunftsortes weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt geworden ist. 1925 verarbeitete die Firma wöchentlich 1500 Rinder und Schweine zu Fleischkonserven und Würstchen.

Auf dem Gebiet der Metallverarbeitung lag an vorderster Spitze die Firma Dehne. Bereits 1829 gründete sich in der Voigtei eine Huf - und Beschlagschmiede, die im Jahre 1856 in die Gründung der Firma Friedrich Dehne mündete. Eine Epoche machende Erfindung gelang 1876 mit einer Formsandmaschine, doch auch die Dampflokomobilen der Dehneschen Landmaschinenfabrik erlangten weltweite Bedeutung.

Die aufkommende Industrie entzog Vielen den Boden. Die Reallöhne sanken. Um den Lebensunterhalt einer Familie zu sichern, waren zunehmend auch Frauen und Kinder gezwungen mitzuarbeiten. Der Arbeitstag betrug durchschnittlich 16 bis 18 Stunden. Die Zahl der Stadtarmen, die ohne jedes Einkommen von der Kommune versorgt werden mussten, lag auch in Halberstadt bei ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung.

Im Juni 1842 begehrten die Halberstädter Eisenbahnbauarbeiter gegen diese Zustände auf. Ihr Streik wurde ebenso wie viele andere in ganz Deutschland niedergeschlagen. Eine gewisse Entspannung der sozialen Lage trat erst mit der fortschreitenden industriellen Entwicklung ab der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre ein.

Immer noch waren es größtenteils Adlige, die die Geschicke der Stadt lenkten. Das Bürgertum, immer mehr erstarkend, kämpfte besonders in diesen Jahren um seine gleichberechtigte Anerkennung. Zur Durchsetzung seiner Interessen gründete es diverse Vereine. Der älteste und bekannteste dieser Organisationen in Halberstadt ist die 1805 gegründete "Harmoniegesellschaft".

Im kulturellen Leben der Stadt schloss man an die Traditionen des 18. Jahrhunderts an. Der 1828 gegründete Halberstädter Kunstverein ist der älteste privatrechtlich organisierte Kunstverein in ganz Preußen.

Die im zweijährigen Rhythmus organisierten Ausstellungen riefen auch beim damaligen König Friedrich Wilhelm IV. Interesse hervor. Verschiedene Male besuchte er die Kunstausstellungen. Einer der berühmtesten Halberstädter, der überregional bekannte und beachtete Maler Carl Georg Hasenpflug, gehörte, neben Caspar David Friedrich und Adrian Ludwig Richter, zu den mit Werken in den Expositionen vertretenen Künstlern. Für kleine Handwerker, Arbeiter und ihre Familien bedeutete diese Zeit oft den Kampf um die nackte Existenz.